Liebe Freunde und liebe Interessierte an dem, was ich so mache!

Weihnachten steht vor der Tür und erwartungsgemäß ist der Krieg gegen dieses ansteckende Virus noch nicht vorbei. Aber es gibt jetzt einen im Schnellverfahren produzierten Impfstoff. Bis alle damit geimpft sind, halten wir uns an die AHA-Regeln und folgen den beschlossenen Maßnahmen.
Die ersten Virologen, allen voran Herr Drosten, haben allerdings schon das nächste, wahrscheinlich genauso gefährliche, Virus gefunden. MERS-CoV. So schnell, wie viele gehofft hatten, kommen wir wohl nun aus dem Virus-Dauer-Wellenbad nicht mehr heraus.



Wir werden uns an diese "Neue Normalität" gewöhnen, unser Gehirn ist ja enorm anpassungsfähig. Manche Menschen haben schon ganz andere Verhältnisse ausgehalten und auch das dabei Erlebte für "normal" gehalten. Wie den meisten von uns heute war auch damals den meisten klar, dass es nicht anders ging. Niemand hat Lust, sein Leben oder das Leben seiner Mitmenschen zu gefährden, wenn es durch einen übermächtigen Feind bedroht wird. Da bekommt man Angst und was sie bewirkt und wie Menschen damit umgehen, habe ich ja in dem kürzlich erschienenen Buch "Wege aus der Angst" zu beschreiben versucht.

Aber jetzt ist bald Weihnachten, das Fest der Freude und der frohen Erwartungen! Legen wir also die Angst erst einmal zu Seite und folgen unserem Bedürfnis, mit unseren Verwandten und Freunden in festlicher Atmosphäre zusammen zusein, ihnen eine Freude zu machen, miteinander zu feiern oder besinnliche Stunden zu verbringen. Weil das gerade auch nicht so geht und wir einander ja nicht anstecken wollen, können wir dieses Bedürfnis in diesem Jahr auch mal unterdrücken. Allzu schwer fällt uns das nicht, wir haben uns darin ja schon fast ein ganzes Jahr lang geübt. Wer sich kurzfristig ein Bedürfnis versagt, erlebt es später um so intensiver, wenn sie oder er es endlich wieder stillen kann. Ich bin jetzt fast siebzig, ein Jahr die AHA-Regeln und alles andere anzuhalten, ist ja nur ein Siebzigstel meines Lebens. Wenn der Spuk vorbei ist, werde ich das dann kommende Weihnachtsfest nur um so intensiver erleben und meine jetzt unterdrückten Bedürfnisse stillen können.

Aber wie ist das mit meinen Enkelkindern? Die meisten sind erst sieben oder noch jünger. Und diejenigen, die in den Kindergarten oder in die Schule gehen, machen nun schon fast ein Jahr lang alles so, wie es richtig ist, um andere nicht zu gefährden. Unglaublich brav, verantwortungsvoll und vernünftig versuchen diese Kinder sich so zu verhalten, wie es vorgeschrieben ist. Dazu müssen sie allerdings ihr natürliches Bedürfnis unterdrücken, gemeinsam mit anderen zu spielen, herumzutoben, zu singen, zu tanzen, zu musizieren, zur Feuerwehr oder zum Sportverein zu gehen. Sie müssen lernen, all das, was ihnen so viel Freude bereitet nicht mehr machen zu wollen. Das ist schwierig, weil es nicht ihrer Natur entspricht. Doch die meisten schaffen es. Im Gehirn entstehen dann hemmende Netzwerke, die sich über diejenigen Bereiche legen, in denen das jeweilige Bedürfnis entsteht. Wenn die stark genug geworden sind, ist das Bedürfnis weg. Dann macht es dem betreffenden Kind nichts mehr aus, wenn es nicht mehr mit anderen spielen, mit der Oma kuscheln, seine Freunde besuchen oder mit Freunden und Verwandten Weihnachten feiern kann.

Ich habe eine große Hochachtung vor dem, was unsere Kinder uns zuliebe auf sich nehmen. Wenn ein siebenjähriger ein Jahr lang seine lebendige Bedürfnisse in seinem Gehirn auf diese Weise zu vergraben gezwungen ist, um sich so zu verhalten, wie das jetzt erforderlich ist, ist das so, als müsste ich als siebzigjähriger zehn Jahre lang in dieser "Neuen Normalität" meine lebendigen Bedürfnisse weghemmen. Kein Wunder, wenn die dann weg sind.

Deshalb habe ich einen Weihnachtswunsch: Machen Sie Weihnachten in diesem Jahr zu einem besonderen Fest für Ihre Kinder. Schenken Sie ihnen ein paar Tage, um endlich wieder so leben zu können, wie es ihren Bedürfnissen entspricht: Spielen Sie mit ihnen, tanzen, singen, musizieren Sie mit ihnen, bauen, basteln, malen Sie mit ihnen, gehen Sie raus mit ihnen in die Natur und zeigen Sie ihnen, was es dort sogar noch im Winter alles zu entdecken gibt. Machen Sie all das, was die Entdeckerfreude und Gestaltungslust der Ihnen anvertrauten Kinder wieder weckt. Für eine Woche als siebenjähriger seine lebendigen Bedürfnisse wieder stillen zu können, ist so, als würde mir das jemand zehn Wochen lang ermöglichen. Versuchen Sie es wenigstens einmal. Die Kinder in ihrer ganzen, unbekümmerten Lebendigkeit zu erleben, ist wahrscheinlich das schönste Geschenk, das Sie sich selbst in dieser schwierigen Zeit zu Weihnachten machen können.

Und wenn Sie vielleicht noch immer meinen, es sei doch völlig normal, dass man lernen muss, seine lebendigen Bedürfnisse zu unterdrücken, wenn man in unserer heutigen Welt erfolgreich vorankommen will, dann sollten Sie sich fragen, weshalb unsere lernfähigen Computer, Automaten und Roboter mit all ihrer eingebauten "künstlichen Intelligenz" so gut funktionieren, dass sie künftig überall eingesetzt werden, wo es um Steigerung der Effizienz geht. Diese digitalen Geräte haben keine Bedürfnisse und wir sollten aufpassen, dass wir Menschen ihnen nicht immer ähnlicher werden, indem wir immer besser und immer früher lernen, unsere lebendigen Bedürfnisse zu unterdrücken.

Falls Sie noch kein Weihnachtsgeschenk für sich und Ihre Freunde und Verwandten haben: Es gibt einen Film, den ein kleines, aber feines Team gedreht hat und an dem auch ich mitgewirkt habe. Er zeigt auf eine wundervolle Weise, wie beglückend es ist, wenn es Erwachsenen gelingt, in sich selbst das wiederzuentdecken, was sie lebendig macht. Der innere Ruf heißt dieser bezaubernde Film von Sven Veidt.

Mich hat die Arbeit an diesem Film dazu gebracht, der Frage nachzugehen, was geschehen würde, wenn es uns gelingt, künftig etwas liebevoller mit uns selbst umzugehen und dann zwangsläufig auch mit unseren Kindern, mit anderen Menschen, mit der Natur und allem, was wir für unser Leben eigentlich brauchen. Daraus ist wieder ein Buchmanuskript geworden. "Lieblosigkeit macht krank" heißt das Buch, es erscheint Ende Februar. Mehr dazu in meinem Neujahrs-Newsletter.

Jetzt wünsche ich Ihnen und euch allen ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest, mit einem herzlichen Gruß aus Witzenhausen (das ist kein Witz, so heißt die kleine Stadt wirklich, in der ich mit meiner Frau jetzt wohne).



Mit einem herzlichen Gruß,
Gerald Hüther






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